Viele von uns weigern sich, KI-Schriften (d. h. von künstlicher Intelligenz erzeugte Schriften) anzuerkennen, weil wir befürchten, dass sie unweigerlich zu KI-Blogschreibern führen, und wir uns lieber für unersetzbar halten – insbesondere unersetzbar durch Roboter. So ist es nun einmal.
Doch leider wurde uns gerade in einer Eilmeldung erklärt, dass unsere Verweigerungshaltung so schlecht getimed ist wie eh und je, denn dank des Startups Copy.ai aus Memphis, Tennessee, gibt es bereits KI, die Inhalte verfassen kann. Na großartig. Bitte verraten Sie es nicht unserem Chef. Doch halt! Kann dieser kleine, hinterhältige Roboter (die KI, nicht unser Chef) auch DAS hier?
Rosa Nashorn Papierflugzeug Wassermelone Sonnenaufgang Toffee Traube kniehohes Et-Zeichen @*$**# Schildkrötenpanzer XOXO Mauve Eisbecher.
Einfach so aus einer Laune heraus?
Bitte beantworten Sie diese Frage nicht.
Also gut. Die KI wird so lange bleiben, bis wir einen Weg gefunden haben, ihr den Stecker zu ziehen. In der Zwischenzeit ...
Damit dieser Blog mehr einem Gespräch ähnelt, das wir auf einer ausgelassenen Cocktailparty voller supercooler Designer wie Ihnen führen würden, beschreiben wir KI-Schriften einfach folgendermaßen:
Der Mensch gibt eine Vielzahl von Schriften in eine Maschine ein. Die Maschine erkennt die Bedeutung der Buchstaben, Symbole und Zahlen innerhalb kürzester Zeit basierend auf ihrem Aussehen. Anschließend gibt der Mensch auf Grundlage der Schriften, die er in die Maschine eingespeist hat, Schlüsselwörter ein, die der Maschine sowohl mitteilen, welche Art von neuer Schrift sie produzieren soll, als auch wie viele frische 100-Dollar-Scheine und aus welchem Jahr.
Daraufhin erstellt die KI-Technologie eine brandneue Schrift, die das menschliche Auge so noch nie gesehen hat.
Letztendlich behält eben diese KI-Technologie alle 100-Dollar-Scheine, stiehlt aus irgendeinem Grund unseren Subaru Forester 2006 und wandert nach Belize aus.
Geht klar. Äußerst kompetente und intelligente Menschen trainieren Computermodelle mit einem riesigen Datensatz aus Schriften. Aus diesen Eingaben erstellen die Computermodelle Tausende von Glyphen – Buchstaben, Zahlen und Symbole (genau wie schriftbezogene Schlüsselwörter oder Tags). Dann sortiert das Computermodell die Glyphen basierend auf Merkmalen und Affinitätswerten, wandelt sie in vektorisierte Bilder um und erzeugt schließlich Schriftdateien, die Ihnen bekannt vorkommen dürften: .TTF oder .OTF.
Unheimlich.
Nein. Das in Miami, Florida, ansässige Technologieunternehmen Picsart nutzt KI um neue Schriften zu erstellen – wahrscheinlich genau in diesem Moment.
Picsart hat 2011 eine Suite von Online-Foto- und Videoanwendungen auf den Weg gebracht. Die Sache mit der KI begann jedoch erst im vergangenen Jahr mit der Gründung des Picsart AI Research Lab, einem Team (aus Menschen), das die Aufgabe erhielt, die ersten durchgängig KI-generierten Schriften für die App zu entwickeln.
Und es hat es geschafft. Mehr als 30 KI-Schriften sind im Rahmen des Abonnements „Picsart Gold“ verfügbar, und im Laufe des Jahres 2022 werden weitere hinzukommen (denn mit KI sind die Möglichkeiten bei der Erstellung von Schriften praktisch grenzenlos). Picsart-Benutzer suchen einfach in der Schriftbibliothek der mobilen App oder auf der Website nach „KI-Schriften“ und wählen dann eine beliebige Schrift aus, die die Worte „AI Lab“ enthält.
Wir haben uns in das geheime unterirdische Versteck unseres Entwicklungsteams begeben, um uns diese Frage beantworten zu lassen. Nachdem uns wiederholt der Zutritt verweigert wurde, weil wir die 20 Dollar, die wir uns für den superleckeren Taco-Wagen geliehen haben, der jeden Mittwoch vor dem Büro parkt, immer noch nicht zurückbezahlt haben, hatte es schließlich genug von unserem Flehen und unserer chronischen Pleite und gab uns folgende Auskunft:
„Nein, wir sind nicht in der Lage, KI-generierte Schriften zu erkennen, weil sie sich rein technisch gesehen nicht unterscheiden. In technologischer Hinsicht, ist eine Schrift eine Schrift eine Schrift. Nachdem eine Schrift von einem Menschen oder einem Roboter erstellt wurde, können wir mit den uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln keinen Unterschied feststellen.“
„Nein. Und bitte verschwindet aus unserem unterirdischen Versteck, damit wir weiterarbeiten können.“
Am Ende werden wir uns alle der gewaltigen Macht unserer Roboter unterwerfen und/oder gegen sie rebellieren, wie in Terminator (1984), Terminator 2 – Tag der Abrechnung (1991), Terminator 3 – Rebellion der Maschinen (2003), Terminator: Die Erlösung (2009), Terminator: Genisys (2015), Terminator: Dark Fate (2019) sowie in Die Muppets erobern Manhattan (1984), obwohl wir im Fall der Muppets eher ihrer Knuddeligkeit als ihrer unaufhaltsamen Macht erliegen werden.
Oder, um noch etwas hilfreicher zu sein, bedenken Sie Folgendes: Einem Artikel des Magazins Wired vom 29. März 2021 zufolge können Open-Source-KI-Projekte wie Eleuther– ein Sprachalgorithmus, der überzeugende Texte generieren kann – zur Erstellung von Falschinformationen missbraucht werden (ähnlich wie sein Closed-Source-Cousin, das KI-Forschungs- und Einsatzunternehmen OpenAI). Wenn zufällige Texte verwendet werden, kann die KI außerdem versehentlich Verzerrungen reproduzieren.
Die Tatsache, dass sich Fallstricke zusammen mit der Technologie weiterentwickeln ist jedoch in der Geschichte der Menschheit nichts Neues. Was die meisten Menschen aber nicht wissen, ist, dass die Arbeit eines Designers in der Empathie begründet liegt, also in der Auseinandersetzung mit dem, was anderen Menschen am Herzen liegt. Dank dieser Grundhaltung wird jede Agentur auch mit KI-generierten Schriften erfolgreich sein und jeder Designer dafür sorgen, dass die KI nicht missbraucht wird.
Das bedeutet, dass Designer Hand in Hand mit KI arbeiten werden – und zwar in jeder Hinsicht. Der UX-Designer, Produktdesign-Stratege, Autor und Redner Mikios Philips beschreibt die Zukunft der KI-gestützten Kreativität sehr treffend in diesem Blogbeitrag für die Freelancer-Plattform Toptal:
„Es ist weitaus sinnvoller, KI als ‚erweiterte Intelligenz‘ zu betrachten. Roboter ersetzen nicht die Designer. Bei der KI geht es vor allem um Optimierung und Geschwindigkeit. Designer, die mit KI arbeiten, können Designs dank der höheren Geschwindigkeit und Effizienz schneller und kostengünstiger erstellen. Die Stärke der KI liegt in der Schnelligkeit, mit der sie große Datenmengen analysieren und Designanpassungen vorschlagen kann. Ein Designer kann dann auf Grundlage dieser Daten Anpassungen auswählen und genehmigen.“
Sie heißt Pazzi—Le robot Pizzaiolo, und Sie finden Sie hier: 42 Rue Rambuteau, 75003 Paris. Wir sehen uns dort.
Lassen Sie uns den wohl sachkundigsten Typografie-Experten der Welt nach seiner Meinung fragen. Thomas Phinney ist Schriftdesigner, Berater, als „Der Schriftdetektiv“ bekannter Sachverständiger und ehemaliger CEO von Fontlab, einem Unternehmen, das Software zur Erstellung und Bearbeitung von Schriften entwickelt:
„Kurz gesagt: KI-generierte Schriften sind noch nicht wirklich weit verbreitet. Das bedeutet jedoch nicht, dass es in diesem Bereich keine interessante Entwicklung gibt. Ich gehe davon aus, dass ein großer Teil des frühen Erfolgs auf diesem Gebiet auf Dinge zurückzuführen sein wird, die ein gewisses Maß an menschlichem Input nutzen, um eine Schrift oder weitere Zeichen für eine Schrift zu erstellen, anstatt dass Computer völlig neue Schriften aus dem Nichts generieren.“
Und das ist auch gut so. Wenn das Voranschreiten der KI die Automatisierung von Routineaufgaben, den einfachen Zugriff von jedem Gerät aus, leistungsfähige Tools und die Vereinfachung komplexer Prozesse bedeutet, dann hat unsere Designerwelt gerade mehr Freiraum für das bekommen, was am wichtigsten ist: Kreativität.
Vielleicht müssen wir der KI doch nicht den Stecker ziehen.