Vor einigen Jahren haben wir einen Artikel veröffentlicht, um Designern und Typografie-Begeisterten Alternativen zu Helvetica vorzustellen. Der Artikel war ein Hit! Also beschlossen wir, den Artikel nun für Sie erneut zu veröffentlichen.
Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Helvetica bleibt eine der beliebtesten, verbreitetsten und beständigsten Schriftarten aller Zeiten. Sie ist in unzähligen Firmenlogos enthalten, bleibt erste Wahl, um eine bestimmte hippe, ironisch neutrale Ästhetik zu vermitteln (denken Sie nur an (American Apparel comes to mind), und ist sogar Gegenstand ihrer eigenen Dokumentation.
Dank des Internets und fantastischer Schriftenhersteller auf der ganzen Welt stehen uns Designern mehr Schriftarten zur Verfügung als je zuvor. Und während wir notfalls immer noch auf Helvetica zurückgreifen können, wenn uns einmal die Inspiration fehlt, gelten in der modernen Meta-Welt mit Schriften für jeden Anlass eigentlich keine Ausreden mehr, um keine Helvetica-Alternative zu verwenden, die selbst einen durch und durch peniblen Schriftartdesigner wie Bruno Maag glücklich machen würde, sofern das überhaupt möglich ist. Ja, sogar bei einigen 18-jährigen, australischen „Geschäftsinhabern“ steht Helvetica ganz oben auf der Liste der absoluten No-Go-Schriftarten (das ist hart!).
Bevor wir uns nun aber unsere Liste genauer ansehen, noch ein Hinweis: Es geht hier nicht allein darum, unseren geschätzten Lesern Schriften vorzustellen, die Helvetica ähneln (obwohl das bei einigen durchaus der Fall ist). Vielmehr erfüllen auch diese Alternativen ein paar Zusatzkriterien, die an Helvetica geschätzt werden:
In gewisser Weise rede ich mich hier um Kopf und Kragen, weil ich zugeben muss, dass diese Schriftarten mein Plan B sind. Ich liebe sie alle, wie es nur ein Schriftfanatiker kann, und ich habe die meisten von ihnen bereits für berufliche und private Projekte verwendet. Ich wähle sie aus den gleichen Gründen, aus denen sich andere Designer für Helvetica entscheiden, aber auch, um für frischen Wind zu sorgen.
Nun aber zum eigentlichen Thema: Wir präsentieren ...
Stag Sans (14 Schriftarten) – Diese Schrift von Commercial Type ist einfach großartig. Die Stärken reichen von dünn bis fett, ich muss also Light, Thin und Book variieren, um die richtige Stärke für Print und Web, für Überschriften und Textkörper zu finden. Aber hey, das lohnt sich!
Open Sans (10 Stile) – Mittlerweile kennen die meisten von Ihnen bestimmt Google Fonts – damit ist die Katze aus dem Sack. Dort werden aktuell stolze 651 Schriftfamilien angeboten, die Sie kostenlos auf Ihren Websites nutzen können. Das ist ein toller Service ... zumindest in der Theorie. Einziges Problem: Meiner Meinung nach finden sich dort kaum wirklich gut gestaltete Schriften. Außer einer – und das ist Open Sans. Diese Schriftart wurde im Grunde von Google in Auftrag gegeben und findet sich als Markenschrift in dessen Print- und Web-Anzeigen, genau wie Myriad bei Apple. Open Sans passt ausgezeichnet in die moderne schnörkellose, schlanke Designästhetik. Sie ist hervorragend lesbar und unauffällig, und in meinen Augen nicht stark genug mit Google verknüpft, als dass sie der breiten Masse auffällt. Und mal ganz ehrlich: Sie sieht klasse aus und liest sich im Internet ganz wunderbar.
Avenir (12 Stile) – das französische Wort für „Zukunft“. Eine bewusste und passende Wahl, denn Adrian Frutiger entwickelte sie auf Grundlage von zwei anderen klassischen, serifenlosen Schriften – Futura und Erbar. Obwohl bereits 1988 entworfen, wirkt Avenir von Linotype auf mich auch heute noch so modern und zeitgemäß wie vor einigen Jahren, als ich ihr zum ersten Mal begegnet bin. Auf vielen guten Websites wird sie insbesondere für die Textkörper verwendet, da sie für die Augen angenehm ist und, seien wir ehrlich, absolut cool aussieht.
Theinhardt (18 Stile) – Benannt nach dem Stempelschneider und Schriftgießer Ferdinand Theinhardt und um 2009 von Francois Rappo entworfen, ähnelt diese klassische Grotesk-Schriftart Pragmatica, unterscheidet sich aber durch eine etwas größere Unterlänge beim kleinen „g“. Aber genug zur Geschichte – Theinhardt von Optimo ist auch die offizielle Schrift des New York Times Magazine und wirkt ganz genauso scharf und urban wie dessen Leser.
Proxima Nova (42 Stile) – von Mark Simonson. Mit Dutzenden verschiedenen Stärken, Breiten und Alternativzeichen gilt dieses vielseitige geometrische, serifenlose Art-Deco-Schrift als ein moderner Klassiker. Zu finden ist sie beispielweise auf den Hygieneprodukten der „grünen“ Linie von Tom's of Maine, darunter Zahnpasta und Deodorant.
Effra (10 Stile) – Ähnlich wie Avenir, aber etwas ausdrucksstärker, wurde Effra von Jonas Schudel entworfen und basiert auf Caslon Junior. Ihren Namen verdankt sie dem Fluss, der durch Brixton fließt, den Stadtteil Londons, in dem sich das britische Studio des Helvetica-Verächters Dalton Maag befindet. Beachten Sie vor allem die scharfen Serifen an b, g, p und q. Sauber.
Aktiv Grotesk (16 Stile) – Aktiv Grotesk wurde 2010 entworfen und ist Bruno Maags Antwort auf die ungebrochene Beliebtheit, der sich „groteske“ serifenlose Schriftarten wie Helvetica und Arial erfreuen.
Brown (15 Stile) – Diese hübsche, kompakte, serifenlose Schrift von Lineto erinnert mich ein wenig an Universe und Franklin Goth, besitzt aber etwas mehr Charakter.
LFT Etica (12 Stile) – Soweit ich es beurteilen kann, handelt es sich hier um einen noch unentdeckten, wenig getragenen Juwel (bitte schön!). Ich mag LFT (um 2000 entworfen), weil sie in allen Stärken mit ihren reduzierten Breiten und in fast jeder Größe scharf aussieht.
Franklin Gothic URW T (19 Stile) – Sie zählte zu meinen Favoriten in den späten 90ern, als ich noch wenig über Typografie wusste. Und seitdem tauchte sie immer wieder in Designs und Marken von bestimmter generischer Qualität auf. Trotzdem ist sie noch immer stark und vielseitig, wird nie von der Bildfläche verschwinden und auf sie ist Verlass.
News Gothic (14 Stile) – Auf den ersten Blick unterscheidet sich diese Schrift nicht erheblich von Franklin Gothic. Sie wurde 1908 entworfen und für den charakteristischen Lauftext im Vorspann und für die Alien-Untertitel in Star Wars verwendet. Verfügbar ist sie in Standard-, schmallaufenden und extra schmallaufenden Breiten, jeweils mit passender Fett- und Kursivversion.
Nehmt das, ihr Helvetica-Hasser ... oder -Liebhaber. So oder so, Sie kennen nun einige Alternativen, auf die Sie zurückgreifen können, wenn alles in Ihnen schreit: NIMM HELVETICA!
Viel Spaß bei der Schriftauswahl!
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