Von allen neuen Inhalten, die Netflix in den letzten Jahren erstellt hat, war mein Favorit bei weitem Abstrakt: Design als Kunst. Dies ist die Chance, in den Köpfen unterschiedlichster kreativer Visionäre verankert zu werden. Autos! Fotografie! Schuhe! Architektur!
Jede Folge befasst sich mit einer lebenden Künstlerlegende. Dabei werden die Fortschritte eines Projekts beschrieben, um zu daraus zu lernen, wie die- oder derjenige kreative Probleme löst ... Kurz: Wie sie in ihrem Fachgebiet die Sache angehen.
Die gute Nachricht ist, dass es eine zweite Staffel von Abstrakt gibt, bei der die letzte Folge die spannendste ist: das Portrait des Schriftdesigners Jonathan Hoefler.
Meine erste Begegnung mit Hoeflers Arbeit war durch die Schrift Knockout – eine verlässliche Standby-Option, als ich Mitte der 90er Jahre bei MTV arbeitete. Aber die Knockout ist erst wirklich zu Ruhm und Ehren gekommen, als die Grafikesignerin Paula Scher sie für die Markenidentität des Public Theatre auserkoren hat. (In einem Moment, in dem „Welten aufeinander prallen“, wurde Scher selbst vorgestellt und zwar in der ersten Staffel der Abstrakt-Serie (auf Englisch)).
„Wir stellen Ausgangsmaterialien her, die interpretationsfähig sind“, sagt Hoefler. „Genau das ist es, was die visuelle Kultur weiterbringt.“
In der Tat.
Wir schrieben das Jahr 1994 und die Knockout tauchte überall auf – durch die schöpferische Werbung und Beschilderung des Public Theatre. Man kam einfach nicht an ihr vorbei. Überall in New York ließen sich die Grafikdesigner von dieser unverwechselbaren Schrift inspirieren, die höchst originell eingesetzt wurde. So etwas hatte noch niemand gesehen.
Das Portrait von Jonathan Hoefler hat mich auch wegen etwas anderem angesprochen. New York City spielt hier eine wichtige Rolle – es liegt eine gewisse Verspieltheit darin, wie die Stadt im Hintergrund und Vordergrund erscheint, um die Erzählung voranzutreiben. Als ehemaliger New Yorker hüpfte mein Herz vor Freude, als das Guggenheim Museum auftauchte und dann nochmal auf Hoeflers Spaziergang zu einem Uhrengeschäft in Greenwich Village. New York ist einfach ein wunderbarer Ort für Entdeckungen und um ein Bild davon zu bekommen, wie sich Buchstaben in einer bebauten Umgebung machen.
Die Typografie selbst spielt eine Hauptrolle in diesem Portrait, indem sie uns für Grafiken und schlau animierte Übergänge öffnet. Eine Hommage an die Folge – ebenso wie an Hoefler.
Eine der Schriften, die wir während des Filmens sehen, ist ein echter Leckerbissen für Uhrenliebhaber: die Decimal. In einem sensationellen Timing ist die Decimal genau in der Woche erschienen, in der die Netflix-Serie eingestellt wurde. Ich weiß das, weil ich auf der H&Co. Mailingliste stehe! Diese neue Schrift hat bereits eine fulminante Kritik von Steven Pulvirent auf der Website für Uhren-Liebhaber Uhren Hodinkee (auf Englisch) erhalten. Schauen Sie sich die flache Oberseite der Ziffer „4“ an!
Die neue Decimal hat 10 Strichstärken – das ist typisch Hoefler.
Manchmal hat man den Eindruck, dass Typografie die ausschließliche Domäne von Grafikern ist. Aber es gibt einen größeren Zusammenhang. Zum Beispiel hat Netflix selbst ein besonderes Interesse an Typografie, jedoch aus geschäftlichen Gründen. Das Unternehmen hatte die Schrift Gotham für seine Marke übernommen. Gotham ist eine tolle Schrift, aber man hat sie ständig gesehen, besonders in vielen politischen Kampagnen.
Mit dem geschäftlichen Wachstum von Netflix stiegen auch die Lizenzgebühren für Schriftarten. Der Markendesign-Vorsprung des Streaming-Giganten Noah Nathan wurde im Design-Blog It’s Nice That mit den Worten zitiert: „Aufgrund des internationalen Charakters des Netflix-Geschäfts kann die Lizenzierung von Schriftarten sehr teuer werden.“ Diese Kosten könnten leicht in die Millionen gehen.
Netflix hat das Problem gelöst und sich eine einzigartige Markenidentität verpasst, indem das Unternehmen eine originelle und exklusive Schrift in Auftrag gegeben hat: die Netflix Sans.
Damit steht Netflix nicht alleine.
Während meiner Zeit bei AT&T, haben wir erlebt, wie die Einführung der AT&T Aleck die Omnes ersetzte. In einem Schachzug, der durch die beiden Aspekte Unternehmen und Branding begründet war.
Ironischerweise arbeitete Netflix bei seinem Schriftprojekt nicht mit Hoefler zusammen. Stattdessen wandte sich das Unternehmen an den bekannten Schriften-Hersteller Dalton Maag.
Kevin Gepford hat die Herausforderungen selbst erlebt, die Extensis-Kunden täglich meistern müssen. Vor seinem Umzug nach Portland war er über 20 Jahre in New York City im Bereich Fernsehunterhaltung beschäftigt, sowohl als Kreativer als auch als Produzent. Bei Extensis ist er für das Management des Kundenerfolgs und die Eingliederung neuer Mitarbeiter – das sogenannte Onboarding – verantwortlich.